Wie wäre es mit Fotos im Stil der 70er Jahre? Wenn Du Dich in diesen Zeiten nach Friede, Freude und Liebe sehnst, ist ein Hippie Fotoshooting sicher das richtige für Dich! Eine Auszeit von dem ganzen Irrsinn ist sicher nicht verkehrt. Du inmitten einer Blumenwiese, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern. Du bist glücklich und eins mit Dir selbst…
Bevor die Reise losgehen kann, brauchst Du aber noch Deinen Koffer und das ein oder andere Hippie-Outfit. Lass Dich inspirieren!
Wenn Du bereits Klamotten und blumige Accessoires parat hast, klick auf den Button hier. Dann nehme ich Dich per Anhalter mit auf ein fotografisches Abenteuer!
||||| 1970er Jahre: Hippies |||||
Bewusstseinserweiterung, Idealismus und sexuelle Befreiung
Die Hippies Ende der 60er Jahre waren ursprünglich eine Protestbewegung gegen Krieg, Rassenungleichheit und sexuelle Diskriminierung:
Das Ziel der Hippies war eine antiautoritäre und enthierarchisierte Welt- und Wertordnung ohne Klassenunterschiede, Leistungsnormen, Unterdrückung, Grausamkeit und Kriege. Der Gesellschaft der Angst, wo ein jeder sich vor dem Vorgesetzten, dem Nachbarn, der Polizei, dem Schicksal und dem Anonymen fürchtet, boten die Hippies mit einer Gemeinschaft Paroli, in der die Freiheit die Autorität, Zusammenarbeit den Wettbewerb, Gleichheit die Hierarchie, Kreation die Produktivität, Ehrlichkeit die Heuchelei, Einfachheit den Besitz, Individualität den Konformismus und Glück den platten Materialismus dominieren sollten. (Hollstein 1981, S. 50)
Friede und Naturverbundenheit waren ihnen wichtig. Sie interessierten sich für fremde Kulturen, besonders die im Fernen Osten. Daher pilgerten viele mit bunt bemalten Gefährten, per Anhalter oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis nach Asien. Dort wollten sie ihren Horizont erweitern und Erleuchtung erlangen. Im Streben nach der eigenen Bewusstseinserweiterung setzten sie auch psychedelische Drogen ein wie Cannabis und LSD.
Hippies: Welche Musik hörten sie?
Natürlich spielte auch Musik eine große Rolle:
Sie mochten vom Blues beeinflussten, auf einer kraftvollen, oft virtuos beherrschten Leadgitarre aufbauenden Heavy Rock à la Cream oder Led Zeppelin, besonders aber, wenn sich darin – wie im so genannten Acid Rock – LSD- und andere psychedelische Erfahrungen deutlich widerspiegelten (The Doors, Grateful Dead, Jimi Hendrix, Jefferson Airplane und andere in Amerika; ‘intellektueller’ und weniger rockig Pink Floyd in Großbritannien). Frank Zappa war seit seiner LP ‘Freak Out’ (1966) der rebellische Gott aller Underground-Fraktionen (Farin 2010, S. 1)
Hippies: Individuelle Veränderung statt Umsturz bestehender Strukturen
Allerdings richtete sich ihr Blick weniger auf ein anderes Gesellschaftssystem als auf die Veränderung des einzelnen Menschen. Die Waffe des Systems war die Rationalität, die kalte Logik der Leistungs- und Warengesellschaft. Das Gegenmittel der Hippies logischerweise spirituelle Intensität, Fühlen statt Denken:
Protest und Leben der Hippies waren optimistisch, bunt, gewaltfrei, fröhlich. Ihre Ablehnung der westlichen Industriekultur total. So wurden auch Logik, Rationalität, Systematik und Zweckbestimmheit der westlichen Kultur abgelehnt, der Protest war intuitiv, gefühlsbetont, unsystematisch, hedonistisch. Nicht Analyse, nicht Marx und Marcuse waren interessant, sondern Intuition, Spontaneität, unvermittelte Theorie und Praxis, direkte Erfahrung. Kreativität, Gemeinschaft und Freunde bestimmten die Hippies, sie versuchten zu lernen, sich wieder über kleine Dinge zu freuen: Tautropfen, Sonnenstrahlen, eine Perle, Blumen, Farben – und sie veräußerlichten ihre Haltung in ihrer bunten Kleidung, in ihrem Lächeln, ihren Blumen. (Jaenicke 1980, S. 61)
Auf ihren Abenteuerreisen ins eigene Selbst entdeckten die Hippies völlig neue Welten – und vergaßen darüber allerdings häufig die äußere Welt. “Psychedeliker neigen dazu, sich sozial passiv zu verhalten”, musste selbst der Hippie-Kultautor und LSD-Prophet Timothy Leary zugestehen. So stellten sie letztlich eher ein Rekrutierungsfeld für neue religiöse Bewegungen dar als eine “Reservearmee der Revolution”. “Die Hippies tragen zur Verschönerung des Kapitalismus bei, nicht zu seiner Abschaffung”, kritisierte auch der linke Berliner Extra-Dienst (Nr. 91, hier zitiert nach Schwendter 1993, S. 170).
Hippie Mode: Maxikleider & Schlaghosen
Im Verschönern waren sie jedoch gut! Oft nutzten Hippies Second-Hand-Kleidung, die sie mit Stickereien und Applikationen verzierten. Oder sie verarbeiteten mehrere alte Teile zu neuen Patchwork-Kreationen. Rustikale Motive, Himmelssymbole und der Ethno-Look, z.B. zottelige Afghanenmäntel, Kaftans und Glasperlen, wurden gerne getragen. Sie ließen sich von Trachten nicht-westlicher Kulturen beeinflussen und griffen auf Batikmuster und florale Prints zurück. Kleidung und Frisuren der afro-amerikanischen Bevölkerung wie der Afro oder Dreadlocks waren beliebt. Hier ging es jedoch nicht um kulturelle Aneignung. Es galt vielmehr: „Black is beautiful“ und „Make love, not War“. Es sollten Grenzen aufgelöst werden, weil alle Menschen eins sind.
Hippie-Frauen trugen bunte oder mit Blumen bestickte Maxiröcke und -kleider. Andere Längen wie Mini und Midi gingen aber auch — Hauptsache farbenfroh. Blusen und Tops waren eng geschnitten und besaßen einen großen Kragen und Manschetten. Breite Gürtel mit auffallenden Schnallen umspielten die Taille.
Mode für alle – unabhängig vom Geschlecht
Ansonsten gab es aber kaum Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern. Also zumindest was es Kleidung und Frisuren anging:
Sogar in der doch eher emanzipatorischen, auf Befreiung von herkömmlichen Rollenklischees angelegten Subkultur der Hippies „sprengten die Mädchen in ihren Verhaltensformen nicht die gängigen Vorstellungen von dem, was die weibliche Mentalität angeblich ausmacht. Die Hippie-Mädchen trugen das Haar lang und waren in ihren Gefühlsäußerungen emotional und direkt. Sie verkörperten den Typus des wilden Blumenkindes oder der naturverbundenen Frau (earth mother), die ihr Kind an der Brust hält und stillt” (Brake 1981,S. 148. In: Farin 2006, S. 103)
Naja, besser als nix: Immerhin spielten Frauen eine etwas größere Rolle als bei den männerdominierten Jugendkulturen der 1950er Jahre! Und sie trugen auch Hosen in allen erdenklichen Längen:
Hippie-Frauen hatten genauso ausgestellte Hosen, Schlaghosen oder Bluejeans an wie die Männer. Hot Pants wurden mit Stiefel und Maximäntel kombiniert. Schlaghosen mit einer Weste oder einem Mantel in Midi-Länge.
Was es Schuhe anging, erweiterten die Männer ihre Bandbreite und trugen jetzt auch Stiefel in allen erdenklichen Variationen, ganz wie die Frauen: mit Blockabsätzen oder Plateausohlen, vorne geschnürt, kniehoch, Overknee…
Auch die Haare der Männer waren jetzt auch oft lang. Und Flower Power durfte natürlich auch nicht fehlen: Hippies schmückten sich zum Zeichen für Frieden und Liebe mit Blumen, einem Attribut, das die Modeindustrie bald verwertete und damit gesellschaftsfähig machte. Sie wurden daher von der Boulevardpresse „Blumenkinder“ genannt.
Lust auf Fotos im Stil der 70er Jahre?
Ich besitze zwar leider keinen bunt bemalten VW-Bus. Aber Natur gibt es hier genug!
Und falls Du nichts Hippiemäßiges im Schrank haben solltest, kann ich Dir womöglich das ein oder andere Teil leihen. Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass Du vielleicht doch etwas hast. Schließlich war vor kurzem noch der Boho-Chic angesagt (und damit nicht “nur” auf die Psytrance-Szene beschränkt). Wenn Du gerade nur Bahnhof verstehst, lese noch ein bisschen weiter. Ansonsten gilt: Buche jetzt Dein bewusstseinserweiterndes Shooting!
Was wurde aus den Hippies?
Mit ihrer Kommerzialisierung kam es nach und nach zum Niedergang der Hippiebewegung. Viele jugendliche Hippies schlossen sich sozialen Bewegungen an (z.B. den Jesus-Freaks oder den Atomkraftgegnern). Andere wechselten zur neuen, dominant werdenden Jugendkultur: den Punks. Dieser grenzte sich seit circa 1977 sehr stark vom Innerlichkeitsdenken, der Sanftheit und der Naturliebe der Hippies ab. Diese empfand sie nämlich als verlogen. Was die Punker stattdessen kennzeichnete kannst Du hier nachlesen. Klicke einfach auf das Bild oben, um zu den Punks zu gelangen!
Manche zogen sich auf Inseln wie Sardinien oder La Palma zurück. Andere bildeten Kommunen in Asien. Besonders bekannt ist Goa in Indien, wo die dort lebende Kommune Anfang der 90er Jahre den heute noch existierenden PsyTrance entwickelte (einst als “Goa” bekannt). Diese Musik wird auch hierzulande von vielen alternativ lebenden Leuten gehört, von einer neuen Art der einstigen Hippies. Aber über diese Szene erfährst Du mehr im Artikel über Techno. Klick auf das folgende Bild, um dort weiterzulesen:
Auch in der Mode werden Elemente dieser Zeit immer wieder aufgegriffen. Der Boho-Chic war beispielsweise in den 1990ern und 2000er Jahren angesagt. Interessierst Du Dich für den Boho Style? Dann klick hier aufs Bild:
Quellen der Inspiration:
“1970er” (Meine Bildersammlung bei Pinterest)
“70er Jahre Mode” (20jahrhundert.de)
“Die Hippies” (Artikel von Farin Klaus auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung von 2010)
Und für Leseratten:
Black, Alexandra et al. (2021): Mode: Die visuelle Geschichte. 3000 Jahre Trends, Stile, Designer.
Präsentiert in über 2500 detailreichen Bildern. London / Delhi: DK Verlag.
Farin, Klaus (2006): Jugendkulturen in Deutschland 1990 – 2005. Paderborn: Bonifatius Druck.
Hollstein, Walter (1981): Die Gegengesellschaft. Reinbek (4., erweiterte Auflage): Rowohlt Verlag.
Jaenicke, Dieter (1980): Bewegungen. Versuch, die eigene Geschichte zu begreifen. Berlin : Verlag Ästhetik u. Kommunikation.
Schwendter, Rolf (1993): Theorie der Subkultur. Hamburg (4. Auflage): Europäische Verlagsanstalt.