Du suchst nach einem Fotoshooting und bist Punk? Cool, dann kennst Du bestimmt den ein oder anderen Ort, der für so etwas geeignet ist.
Ich denke da an: Unterführungen, Graffiti, still gelegte Gleise oder verlassene Gebäude. Irgendeine abgef***te Ecke, die den miesen Zustand der Welt widerspiegelt. Fällt Dir spontan etwas ein?
Wenn nicht, ist das auch nicht weiter tragisch. Ich habe zwar bisher noch kein Fotoshooting mit einem waschechten Punk gemacht, aber ein paar solcher Plätze sind mir bekannt. Vielleicht gefällt Dir ja einer davon:
Für Außenstehende habe ich einige Infos zusammengetragen. Wenn Du etwas über die Welt der Punks erfahren möchtest, lies einfach weiter.
Wenn Du bereits weißt, dass Du ein Punk Fotoshooting willst, drück den roten Knopf:
||||| PUNK |||||
Die Ursprünge des Punk Rock
In den 1970er Jahren wurde der Begriff Punk das erste Mal benutzt. Allerdings in der US-Pädagogik für straffällig gewordene Jugendliche. Die Jungs, die die unterste Stufe einer Peer Group oder Gang bildeten, waren in der Szenesprache Scapegoats, Queers, Rats oder Punks. Zwei Jahre später verwendete Lenny Kaye, der Gitarrist der Patti Smith Group, dann „Punk Rock“ für den US-amerikanischen Garagenrock der 1960er Jahre.
Als Protopunk-Bands in Amerika zwischen 1965 und 1974 gelten The Sonics, MC5, The Stooges, die New York Dolls sowie die Patti Smith Group. Musikalisch handelte es sich dabei um eine einfache und rohe Form von Rock ’n’ Roll und Beatmusik. Simple Songstrukturen, eine rohe Spielweise und starke Aussagen waren hier üblich.
Die Texte bestanden hauptsächlich aus Betrachtungen über das Leben und Leiden als Jugendlicher, über den Kick der Selbstzerstörung, aus Anklagen und Beschimpfungen, oder auch aus reinem Dadaismus.
Auch wenn die meisten ersten Punk-Rock-Bands aus New York kamen – zu einer echten Bewegung wurde der Punk erst in London. Die Schulen boten nur wenig Halt, wegen der Wirtschaftskrise und dem steifen englischen Klassensystem bestand auch wenig Hoffnung auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen war der Unmut hier umso größer:
Die Punks schauten sich um. Sie sahen die Arbeitslosigkeit. Die öde Zukunft, die ihnen in einer Industriegesellschaft offensteht, die ständig frisches Futter für ihre Fabriken und Werkhallen verlangt und als Alternative nur die nervende Routine des Schlangestehens vor dem Arbeitsamt bietet; sie sahen die Gewalttätigkeit, die von der Langeweile in der Isolation der Wohnsiedlungen / Schlafstädte, in den Hochhausblöcken genährt wird, in die ihre Familien in den sechziger Jahren gepreßt wurden, als ihre alten communities zerschlagen und in alle Winde versprengt wurden. Sie sahen die monotonen Steinwüsten, die überfüllten Schulen; und sie sehnten sich nach einem Ausweg aus dem krankmachenden und ermüdenden Trott, den sie gezwungenermaßen ertragen mußten (Allan Jones: “Punk – die verratene Revolution”, in Rock Session 2, S. 10. Nach: Farin 1998, S. 71)
Die Musikjournalistin Caroline Coon, die damalige Freundin von Paul Simonon, dem Bassisten von The Clash brachte den Begriff „Punk Rock“ nach Großbritannien. Sie bezeichnete die damals noch neuen britischen Rockbands Sex Pistols, The Clash und The Damned als Punk. Vorher nannten die Leute das „Working Class Rock ’n’ Roll“.
Anti-Hippie, Anti-Mode
Die Punk-Szene grenzte sich ab circa 1977 sehr stark vom Innerlichkeitsdenken, der Sanftheit und der Naturliebe der Hippies ab. Diese empfand sie als verlogen.
Sie zeichnete sich nicht durch künstlerische Qualität aus, sondern betonte gerade das Unvollkommene, Dreckige, das radikal Individuelle und Unvermittelbare der eigenen Musik und Lebensweise. Gegenüber dem Mainstream gaben sich die ersten Punk-Rock-Bands aggressiv, unversöhnlich, unangepasst und illusionslos.
Sie feierten den Dilettantismus, sowohl in der Musik als auch in der Mode. Du beherrscht nur drei Akkorde auf der Gitarre? Gut, dann kannst Du Deine eigene Band gründen, Musik machen und selbst in Umlauf bringen. Du hast keine Instrumente? Die kannst Du notfalls klauen (machten die Sex Pistols so).
Mode? Unnötig. Mach Dir selbst Klamotten oder suche Dir notfalls etwas aus dem Aktkleidercontainer und schnipple daran herum. Do it yourself!
So entstand eine Gegenkultur mit eigenen Ausdrucksformen: zerfetzte Kleidung, Sicherheitsnadeln im Gesicht, mit Kopiergeräten billig hergestellte Zeitschriften (Fanzines) und spontane dadaistische Aktionskunst.
Anti-Faschisten
Anfang der 1980er Jahre verbreitete sich der Punk über die ganze Welt. Es entstanden verschiedene Punk-Szenen in fast allen Ländern Europas, Amerikas und Ostasiens, insbesondere auch in den sozialistischen Staaten des Ostblocks.
Zugleich wurde der Punk ernsthafter, aggressiver und in gewissem Sinne politischer. Diese Entwicklung wurde vor allem durch das Aufkommen des Hardcore Punk markiert, der statt bloßem Nonkonformismus radikale soziale und politische Forderungen formulierte.
Die Ausrichtung war dabei größtenteils links – gegen die wieder konservativer gewordene Gesellschaft, gegen stereotype Geschlechterrollen, gegen Rassismus und andere Vorurteile.
Anarchistische, antiautoritäre und libertäre Ideen sowie die Ziele der Hausbesetzerbewegung wurden hingegen von dem größten Teil der Punk-Bewegung explizit gutgeheißen.
Was aus dem Punk wurde
Im Laufe der 80er entwickelten sich aus dem Punk zwei neue Musikrichtungen: New Wave (oder Neue Deutsche Welle in Deutschland) und Post-Punk. Hier wurden die Songstrukturen wieder etwas komplexer. Außerdem kamen elektronische Instrumente zum Einsatz, vor allem Analogsynthesizer und Drumcomputer.
Wichtige Bands dieser Zeit sind Blondie, The Cure, Siouxsie & The Banshees, DAF und Einstürzende Neubauten. Mit dem kommerziellen Erfolg der New Wave wurde der Punk gesellschaftsfähig. Das war für die Punk-Bewegung, die sich eigentlich vom Mainstream abgrenzen wollte, natürlich ein Problem.
In den späten 1980ern gehörte der Punk dann zum selbstverständlichen Straßenbild in Europa. Während der Untergrund der Szene blühte, reihten sich die erfolgreichen Bands jedoch immer nahtloser in den allgemeinen Popbetrieb ein. Bands wie Die Toten Hosen, Die Ärzte und The Offspring wurden Anfang der 1990er Jahre vollends zum Teil des Mainstreams.
Damit war der Punk nicht mehr die Gegenbewegung zur Mehrheitsgesellschaft, sondern einfach eine Jugendmode unter vielen.
PUNK’S NOT DEAD!
Das machte aber nichts, denn Punk ist immer noch nicht tot. Auch heute noch gibt es in den Städten und auch in manchen Dörfern aller Industrieländer eine sehr lebendige Untergrund-Szene, die weiterhin eine Anti-Haltung pflegt. Diese besteht aus verschiedensten Richtungen, die sich aus dem traditionellen Punk entwickelt haben.
Die am eindeutigsten am Punk orientierte Gruppe sind Straßenpunks, die auch heute noch in fast jeder europäischen Großstadt zum üblichen Straßenbild gehören und sich mit anderen Punks mit durchaus festem Wohnsitz vermischen, mit denen sie gemeinsam abhängen. Häufiger Treffpunkt von obdachlosen und wohnhaften Punks waren und sind Bauwagenplätze, auf denen der ursprüngliche Do-it-yourself-Gedanke des Punk noch eine rege Alltagspraxis findet.
Doch auch jenseits dieser Gruppe ist der Punk nach wie vor lebendig. Allerdings stellt er heute keinesfalls mehr eine einheitliche Subkultur dar. Aus ihm entwickelten sich viele neue Stilrichtungen und neue Subkulturen wie Batcave (daraus entstanden die Gothics), Emocore (die Emos), Horrorpunk, Psychobilly oder Grunge:
Wie sah ein Punk früher aus?
Die Kleidung früher britischer Punks zeichnete sich dadurch aus, dass normale Alltagsgegenstände zweckentfremdet und als Kleidungsstücke und Schmuck verwendet wurden (z. B. Sicherheitsnadeln oder Hundehalsbänder). So trugen Punks in den Anfangsjahren zerschlissene Anzüge mit Sicherheitsnadeln und Ansteckern (Buttons), dazu Creepers, auffällige Socken und Sonnenbrillen. Unter dem Jackett trug man individuelle, selbstgestaltete T-Shirts (oft zerrissen) oder auffällig gestaltete Hemden.
Durch die Aufteilung in die verschiedenen Subgenres gibt es diese Einheit in der Mode nicht mehr. Oberflächlich lassen sich aber gewisse äußerliche Eigenschaften zuschreiben:
Welche Kleidung tragen Punks?
Zerrissene, bemalte, beschriftete, oder anderweitig veränderte Kleidung wird nach wie vor getragen. Sicherheitsnadeln und Buttons zieren neben Patches und Metallketten immer noch das Outfit. An mit Symbolen und Sprüchen bemalten Lederjacken, Gürteln, Arm- und Halsbändern sind Nieten angebracht (meist spitz zulaufend).
Piercings und Tattoos waren in der Punk-Szene von Anfang an angesagt. Schon in den 1970er Jahren trugen Punks durch die Haut gestochene Nasenringe und Sicherheitsnadeln als Schmuck. Zudem gab es Gesichtsbemalungen und dunkel oder farbig geschminkte Augen- und Wangenpartien (nicht nur bei weiblichen Punks).
An den Beinen trägt ein Punk karierte Hosen, Jeans, Bondagehosen oder Schottenröcke. (Oder Netzstrümpfe zu Miniröcken oder kurzen Hosen.)
Die Füße stecken üblicherweise in Schnürstiefeln, Arbeits- oder Sicherheitsschuhen (Rangers, Dr. Martens).
Teilweise werden dazu Uniformteile wie Patronengurte kombiniert. Neben Streifen und Karos sieht man auch Zebra-, Tiger- oder Leopardenmuster. Oben herum gehen Netzhemden oder Bandshirts.
Welche Frisuren sind typisch in der Punk Szene?
Die frühen Punks der 70er Jahre trugen ihre Haare zumeist eher schlicht, oft als kurzer Crop Cut oder Buzzcut (ähnlich wie die Skinheads oder Mods).
Durch Punk-Ikonen wie Johnny Rotten, Sid Vicious oder Richard Hell wurde bald eine kurze Stachelfrisur, die Spikes, populär.
Vor allem bei weiblichen Punks wie den Slits, aber später auch in der Hardcore-Szene, wurden gerne kürzere Varianten der Dreadlocks getragen.
Teilweise wurden Haare gerne gefärbt. Erst dominierten Wasserstoffblond, Schwarz und Rot, weil diese leicht verfügbar waren. Für auffälligere Farben wie Grün oder Blau wurden teilweise Lebensmittelfarben verwendet. Erst später mit der zweiten und dritten Punkgeneration wurden die Frisuren auffälliger und bunter.
Durch berühmt gewordene Punks wurde der Irokesenschnitt (kurz: Iro) populär. Eine Variation davon war der stachelförmige Liberty Hawk, der doppelte oder dreifache Irokesenschnitt (Bihawk oder Trihawk), der breitere Deathhawk oder der in zu Dreadlocks geflochtene Dreadhawk.
Durch Musiker wie Cal Morris (Discharge), Collin Abrahall (GBH), und Colin Jerwood (Conflict) kam auch eine radikalere Variante der Stachelfrisur, die Liberty Spikes, in Mode.
Darüber hinaus tragen viele Punks jedoch auch alle Arten anderer Haarschnitte. Vor allem auch im Hardcore Punk finden sich kurze Crops, Crewcuts oder Nassrasur, auch ohne sich deshalb als Skinheads zu identifizieren. I
m Punkabilly- und Psychobilly-Bereich werden oft auch Tollen oder Flattops getragen, häufig auch als Mischformen mit Irokesenrasuren.
Bei weiblichen Punks existieren Mischformen zwischen Iro und Federschnitt und Betty-Frisuren. Viele Punks tragen aber auch weiterhin ihr Haar lang oder schlicht kurz und weniger auffällig.
Gibt es den Punk-Look auch in feminin?
Ich würde sagen: In femininer, aber nicht in “typisch weiblich”. Kurvenbetonende Kleidung, Blümchen und Rüschen findet man hier eher nicht!
Der Punk Rock erlaubte es den Frauen gewissermaßen, mit den traditionellen Erwartungen zu brechen und sich genauso aggressiv und selbstzerstörerisch zu präsentieren wie die Männer:
Erst Punk führte einen radikalen Bruch mit dieser traditionellen Weiblichkeitsinszenierung herbei und ermöglichte es auch Mädchen und jungen Frauen, aggressivere, „männliche” bzw. „unweibliche” Selbstinszenierungen auszuleben und zu entwickeln. Obwohl auch die Punkszene männlich dominiert und nicht frei von Sexismus war und ist, gab es zuvor keine Jugendkultur, in der so viele Frauen aktiv auch auf den Bühnen, in Fanzineredaktionen usw. mitwirken konnten und dabei zugleich ein neues, extrovertiertes Selbstbewusstsein verbreiteten (The Slits, Hans-a-Plast, Nina Hagen). (Farin 2006: 104)
Haste mal’n Fotoshooting für ‘nen Punk?
Hehe.. ja, aber gegen Euro. Bier nehme ich nicht!
Spaß beiseite. Tatsächlich fände ich es richtig gut, mal einen Punk vor der Linse zu haben. N4zis sehe ich nämlich gerade genug in den Medien. Ich bräuchte da einen Gegenpol. Bist Du am Start?
Quellen der Inspiration:
“Punk” (Wikipedia)
“Punk-Mode” (Wikipedia)
“Portal: Punk” (Wikipedia)
Und für Bücherwürmer:
Farin, Klaus (1998): Jugendkulturen zwischen Kommerz & Politik. Verlag: Thomas Tilsner.
Farin, Klaus (2006): Jugendkulturen in Deutschland 1990 – 2005. Paderborn: Bonifatius Druck.